Die Arbeitswelt entwickelt sich in rasantem Tempo, die Anforderungen an die Beschäftigten wachsen stetig. In diesem Kontext rücken psychosoziale Risiken verstärkt in den Fokus unternehmerischer Überlegungen. Stress, Belästigung, Arbeitsüberlastung, zwischenmenschliche Spannungen stellen gravierende Belastungsfaktoren dar, deren Auswirkungen die Gesundheit der Mitarbeitenden ebenso beeinträchtigen können wie die Leistungsfähigkeit der Unternehmen. Für Fachleute stellt sich daher die Frage: Wie können diese Risiken verhindert und eine wirksame Strategie zu deren Bewältigung umgesetzt werden?
Psychosoziale Risiken umfassen alle Faktoren im Zusammenhang mit der Arbeitsorganisation und den Arbeitsbeziehungen, die der psychischen und physischen Gesundheit der Beschäftigten schaden können. Sie resultieren häufig aus einem Ungleichgewicht zwischen beruflichen Anforderungen und den Ressourcen, die den Arbeitnehmenden im Arbeitsalltag zur Verfügung stehen.
Mit der Digitalisierung, der ständigen Erreichbarkeit und dem steigenden Produktivitätsdruck haben sich die Belastungen für die Mitarbeitenden verstärkt. Als deutliches Symptom dieser Entwicklung lässt sich die hohe Verbreitung arbeitsbedingter Stresssymptome beobachten: Im Jahr 2022 waren 28,2 % der Erwerbstätigen davon betroffen (Quelle: Job-Stress-Index). Die Folgen von Stress sind eine der Hauptursachen für Fehlzeiten in Unternehmen und wirken sich negativ auf die Produktivität aus.
Zu den häufigsten psychosozialen Risiken gehören:
- Stress: Kurze Fristen, zu ehrgeizige Ziele oder ständiger Druck können viele Mitarbeitende belasten und zu chronischem Stress mit schädlichen Folgen für die Beschäftigten und die Unternehmen führen.
- Arbeitsüberlastung: Ein übermässiges Arbeitsvolumen in Kombination mit ständig steigenden Erwartungen und Zielen kann schnell zur beruflichen Erschöpfung führen.
- Belästigung: Ob moralisch oder sexuell: Belästigung am Arbeitsplatz ist ein wichtiger Risikofaktor für die psychische Gesundheit der Beschäftigten.
- Konflikte: Spannungen zwischen Kolleginnen und Kollegen, Konflikte mit Vorgesetzten oder mangelhafte Personalführung führen zu Unwohlsein und Demotivation.
- Sinnverlust: Eine Arbeit, die als sinnlos oder widersprüchlich zu persönlichen Werten wahrgenommen wird, kann zu Motivationsverlust und Unzufriedenheit führen.
Welche Bedingungen begünstigen diese Risiken?
Psychosoziale Risiken resultieren oft aus dem vom Unternehmen gestalteten Arbeitsumfeld. Folgende strukturelle Faktoren können diese begünstigen:
- Schlechte Arbeitsorganisation: Unklare Aufgabenstellungen, schlecht verteilte Arbeitsbelastung oder ineffiziente Prozesse erhöhen das Risiko.
- Mangelnde Unterstützung durch das Management: Mangelhafte Führung oder fehlende Wertschätzung können die Beziehungen am Arbeitsplatz verschlechtern.
- Arbeitsplatzklima: Eine angespannte oder gar toxische Arbeitsatmosphäre trägt wesentlich zur Erhöhung psychosozialer Risiken bei.
- Arbeitsbedingungen: Überlange Arbeitszeiten, laute Umgebungen oder mangelhafte Berufsausrüstung sind alles Elemente, welche die psychische und physische Gesundheit der Mitarbeitenden beeinträchtigen können.
Über diese arbeitsbezogenen Faktoren hinaus können auch individuelle Faktoren die Auswirkungen psychosozialer Risiken verstärken. Jeder Mensch reagiert unterschiedlich auf Arbeitsbelastungen. Die Fähigkeit, mit Stress umzugehen und sich an Veränderungen anzupassen, variiert von Person zu Person. Manche Personen sind daher stärker von psychosozialen Risiken betroffen.
Die Folgen psychosozialer Risiken
Psychosoziale Risiken haben konkrete Konsequenzen sowohl für die Unternehmen als auch für die betroffenen Mitarbeitenden.
Die unerwünschten Folgen für Unternehmen zeigen sich in Leistungseinbussen und können im Extremfall zu Betriebsunterbrechungen führen. Gestresste oder demotivierte Mitarbeitende sind weniger leistungsfähig, es leiden sowohl die Qualität als auch die Quantität der geleisteten Arbeit. Zudem neigen diese Mitarbeitenden eher dazu, nicht bei der Arbeit zu erscheinen oder krankheitsbedingt auszufallen. Fehlzeiten sind ein Problem, das Unternehmen stark belastet und den Druck auf die übrigen Mitarbeitenden zusätzlich erhöht.
Für die Beschäftigten sind die Folgen vielfältig und betreffen sowohl das Berufs- als auch das Privatleben. Depressionen, Schlafstörungen oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Die Auswirkungen auf die psychische und physische Gesundheit können zahlreich sein und kurz- oder langfristig auftreten. Auch das Verhalten am Arbeitsplatz kann sich verändern: Es kommt zu Rückzug, fehlender Motivation und verstärkten Konflikten mit Kolleginnen oder Vorgesetzten.
Wie kann man ihnen begegnen?
Um psychosozialen Risiken entgegenzuwirken, wird häufig ein dreiteiliger Präventionsansatz verfolgt.
Primäre Prävention: proaktiv handeln
Die primäre Prävention besteht darin, vorbeugend gegen Risikofaktoren vorzugehen. Es geht darum, an der Struktur des Unternehmens selbst zu arbeiten und die Grundlagen für einen gesunden Arbeitsplatz zu schaffen. Die Säulen der primären Prävention sind:
- Überprüfung der Arbeitsorganisation: Die Anpassung der Arbeitsbelastung und die Klärung der Rollen innerhalb der Organisation können das Auftreten vieler psychosozialer Risiken verhindern.
- Schulung und Sensibilisierung des Managements: Führungskräfte müssen für psychosoziale Probleme geschult werden, um Signale erkennen und Massnahmen einleiten zu können.
- Verbesserung der Arbeitsbedingungen und des Arbeitsklimas: Es sollten Massnahmen ergriffen werden, um die Kommunikation und den Umgang innerhalb des Betriebs zu fördern.
Sekundäre Prävention: Begleitung der Mitarbeitenden
Die sekundäre Prävention besteht in einer kontinuierlichen Begleitung der Mitarbeitenden und der Führungskräfte. Wenn die Grundlagen der Prävention gelegt sind, müssen diese permanent gestärkt werden. Dies geschieht durch verschiedene Massnahmen:
- Kontinuierliche Sensibilisierung: Regelmässige Kommunikation stärkt das nachhaltige Bewusstsein für psychosoziale Risiken.
- Bereitstellung von Ressourcen für Teams: Diese können Ansprechpersonen, Gesprächsräume oder andere Hilfsmittel umfassen, die Unterstützung bieten.
- Vermittlung an Fachleute: Arbeitspsychologinnen oder -psychologen, Betriebsärztinnen oder -ärzte und andere Spezialistinnen und Spezialisten können eingreifen, um bei heiklen Situationen zu helfen.
- Förderung des Dialogs: Die Kommunikation zwischen Mitarbeitenden und Führungskräften ist ein wichtiges Mittel zur Vermeidung von Krisensituationen.
Tertiäre Prävention: Umgang mit kritischen Situationen
Auch mit wirksamen Massnahmen können problematische Situationen auftreten. Die tertiäre Prävention zielt darauf ab, problematische Situationen so schnell wie möglich zu erkennen und zu bewältigen. Sie zielt darauf ab, massgeschneiderte Massnahmen zu entwickeln, um die Situation zu entschärfen und ihre Folgen zu begrenzen. Diese Massnahmen müssen danach kontinuierlich überwacht werden.
Wir alle können etwas gegen psychosoziale Risiken tun
Jede Stufe in der Unternehmenshierarchie kann zur Bekämpfung psychosozialer Risiken beitragen. Zunächst hat der Arbeitgebende die gesetzliche und moralische Verpflichtung, ein gesundheitsförderndes und sicheres Arbeitsumfeld zu schaffen. Das Management spielt eine Schlüsselrolle bei der Identifizierung und Prävention psychosozialer Risiken innerhalb der Teams. Schliesslich kann jede und jeder Mitarbeitende wesentlich selbst dazu beitragen, ein respektvolles und angenehmes Arbeitsklima zu schaffen.
Fazit: Der Kampf gegen psychosoziale Risiken ist ein wesentlicher Bestandteil der Arbeit von ASGS-Spezialistinnen und -spezialisten. Es bleibt jedoch ein kollektives Unterfangen, von dem alle profitieren: Die Gesamtleistung des Unternehmens wird sichergestellt und das Wohlbefinden der Mitarbeitenden bewahrt.